B.A.R.F.

B.A.R.F – Hundegerechte Ernährung?

Es gibt zwei Themen, die die Hundehalternation mehr als alle anderen  in zwei Lager spalten – die Frage nach der richtigen Erziehung und die nach der richtigen Ernährung. Welches Futter soll man füttern? Industriell hergestellte Nahrung oder doch Rohfütterung?

Die Futtermittelindustrie stellt allerlei Sorten, Krokettengrößen und Farben von Futter in unterschiedlichsten Preisklassen zur Verfügung – denn für unsere Lieblinge soll es ja das Beste sein. Dagegen stehen die Verfechter der Rohfütterung, die B.A.R.F als echte Alternative zu „Fast Food“ für Hunde sehen. Nicht selten kochen da die Gemüter und eine nette Unterhaltung zwischen Hundehaltern endet in einem Streitgespräch. Wir werden versuchen dieses stark umstrittene Thema aus tierärztlicher Sicht zu beleuchten, mit allen uns bekannten Risiken und völlig emotionslos um ihnen die Entscheidung zu erleichtern.

B.A.R.F steht im deutschen für „Biologisch Artgerechtes Rohes Füttern“ oder „Biologisch Artgerechte Rohfütterung“ und stammt ursprünglich aus den Vereinigten Staaten von Amerika wo es „Bones And Raw Food“ bedeutet. Darunter ist eine Futterration zu verstehen, die in ihrer ursprünglichen Form aus rohem Fleisch mit Knochenanteil, rohen Innereien und rohem Gemüse. Die neue Form des BARF schließt aber auch selbst gekochte Rationen mit Verwendung von Kohlenhydratreichen Komponenten mit ein. Diese Art der Fütterung soll dem Uhrahn des Hundes – dem Wolf  nachempfunden werden, denn der kannte schließlich kein Dosen- oder Trockenfutter!

 

BARFen ein Risiko?

Es gibt in der Tat mehrere Risiken, die sie mit einer BARF Ration eingehen. Die häufigsten Probleme stehen im Zusammenhang mit Nährstofffehlversorgungen wobei hier die Proteine, das Kalzium und das Jod im Vordergrund stehen. Die rohen Futtermittel werden deutlich schlechter verdaut und es sollte bedacht werden, dass einige antinutritive Substanzen (d.h. Substanzen, die die Verdaulichkeit herabsetzen oder gar die Resorption anderer wichtiger Substanzen behindern) enthalten. Was ist damit gemeint?

 

Fleisch:

Fleisch als Hauptanteil einer Ration hat einen sehr hohen Anteil von Protein (da es sich zumeist um Muskelfleisch handelt) – dieses ist hochverdaulich und weist eine hohe Aminosäurenzusammensetzung auf, was grundsätzlich gut ist, bei einer einseitigen Ernährung mit Muskelfleisch oder auch mit Schlachtabfällen mit viel Bindegewebe kommt es jedoch zu Störungen in der Darmflora ggf. zu Durchfällen und Blähungen. Außerdem fehlen dem Fleisch wichtige Mineralien (Kalzium und Natrium), Spurenelemente (Zink, Kupfer und Jod), Vitamine (Vit. A und Vit. D3) sowie Ballaststoffe.

 

Was kann alles passieren?

Ein Mangel an Kalzium kann vor allem bei großwüchsigen Rassen zu irreversiblen Skelettstörungen, ernährungsbedingter Überfunktion der Nebenschilddrüse oder Osteomalazie führen. Ein Kalziumüberschuss ist beim BARFen meist kein Problem.

Jodmangel  beeinträchtigt die Schilddrüsenfunktion. Aber auch ein Überschuss an Jod konnte bei vielen Hunden beobachtet werden die geBARFt wurden. Diese Tiere bekamen regelmäßig Schlund verfüttert, an dem sich noch Gewebsreste von Schilddrüsen der geschlachteten Tiere befanden. Dieses Gewebe ist besonders Jodhaltig und führt zu einer Hyperthyreose.

Hierbei ist also wichtig den Fleischanteil zu den anderen BARF Komponenten in der richtigen Relation zu zuführen, dann ist man auf der sicheren Seite.

 

Innereien

Leber: Die Leber wird gern und häufig verfüttert. Sie ist hochverdaulich, hat viel Protein und wenig Fettanteil ist Reich an Kupfer, Eisen und Vitamin A. Und genau hier liegt das Problem – zu häufige Fütterung von Leber birgt das Risiko einer Hypervitaminose A. Vitamin A ist ein fettlösliches Vitamin, das nicht ohne weiteres ausgeschieden werden kann. Wird davon zuviel aufgenommen, kann es zu Vergiftungserscheinungen kommen. Ähnlich verhält es sich mit Kupfer.

 

Bindegewebe:

Unter dem „Bindegewebe“ fasst man Schlachtabfälle wie Lunge, Euter, Schlund etc zusammen. Allen gemein ist, dass sie einen hohen Proteinanteil besitzen, der allerdings im Gegensatz zu dem Muskelfleisch in der Aminosäurenzusammensetzung nicht hochwertig ist und auch schlecht verdaulich erscheint. Ein Übermaß an Bindegewebe führt also innerhalb relativ kurzer Zeit zu ernährungsbedingten Mangelerscheinungen.

 

Knochen:

Das umstrittenste Thema sind wohl die Knochen. In der ursprünglichen Form des BARFens wird auf Knochen nicht verzichtet. Knochen enthalten lebenswichtige Stoffe wie Eisen, Fette, diverse Spurenelemente und natürlich Kalzium. Auf den ersten Blick also ein idealer Ergänzer zum proteinreichen aber mineralarmen Muskelfleisch. Es ist aber auch bekannt, dass Knochen zum so genannten „Knochenkot“ und damit zu hochgradigen Verstopfungserscheinungen führen können, die mit großen Schmerzen und ggf. mit Darmverschluss einhergehen. Eine Portion von 1g Knochen/kg Körpergewicht/Tag kann als weitestgehend unschädlich angesehen werden. Bei mehr als 10g/kg Körpergewicht/Tag kommt es häufig zu o.g. Verstopfungserscheinungen. Des Weiteren  ist die Knochenart von besonderer Bedeutung – gut geeignet sind Kalbsknochen oder Rinderbrustknochen. Geflügelknochen sind weniger geeignet, da sie sehr spröde sind und ggf. zu Darmperforationen führen können.

 

Milch:

Kuhmilch weist eine fast optimale Zusammensetzung auf. Sie ist reich an Protein, Vitaminen und Spurenelementen. Allerdings ist sie nicht generell gut verträglich. Vor allem der hohe Milchzuckergehalt kann Verdauungsprobleme bereiten. Die Laktose wird im Dünndarm des ausgewachsenen Hundes oft nicht komplett zerlegt und führt bei übermäßiger Zufuhr zu Fehlgärungen und Durchfällen. Eine Portion bis 20ml/kg Körpergewicht/Tag gilt weitestgehend als unbedenklich.

Milchprodukte sind häufig besser geeignet als die pure Milch. Sie können, soweit die oben genannten Grenzen nicht überschritten werden, als nützliche Rationsergänzer genutzt werden.

 

Gemüse:

Rohes Gemüse kann in der Regel von Hunden nicht verwertet werden. Die Vitamine und Mineralien sind tief in den Zellen der Pflanzen durch dicke Zellwände geschützt, die aus für Fleischfresser unverdaulicher Zellulose bestehen. Auch der Gehalt an Vitaminen und Co wird von uns Menschen häufig überschätzt. Möchten sie also eine rohe Gemüsekomponente in ihrer BARF Ration einsetzen, gibt es einen einfachen Trick: Das Gemüse pürieren. Dadurch werden die pflanzlichen Zellwände zerstört und der Fleischfresser kann nun die darin enthaltenen Stoffe verwerten. Um fettlösliche Vitamine besser aufnehmen zu können, bietet es sich an, unter das pürierte Gemüse etwas Lachsöl oder Hanföl zu mischen. Erbsen und Bohnen sind im rohen Zustand für den Hund unverdaulich sie enthalten zudem Schadstoffe wie Alkaloide, Tannine und Lektine. Ähnlich ergeht es dem Hund mit Kartoffeln. Gekocht sieht die Sache anders aus: Durch Kochen kann die Verdaulichkeit von Erbsen und Bohnen auf ca. 85% erhöht werden. Sie können dann bis zu 10% einer BARF Ration ausmachen. Bei Kartoffeln kann die Ration im gekochten Zustand aus bis zu 50% bestehen.  Ein Hund ist aber grundsätzlich kein Vegetarier und eine reine Gemüseration wird den Ansprüchen einer ausgewogenen Ernährung nicht gerecht.

 

Fisch und Eier:

Ebenfalls sehr beliebte Komponenten einer BARF Ration. Bitte berücksichtigen sie, dass bei langfristiger Rohfütterung eine Mangelsituation im Vitaminhaushalt ihres Tieres auftreten kann. Fisch beinhaltet Enzyme, die Vitamin B1 spalten und es somit vom Darm nicht mehr aufgenommen werden kann – es kommt bei Mangelzuständen zu neurologischen Ausfallserscheinungen.

Eier enthalten Avidin, das verhindert, dass Biotin resorbiert werden kann. Die genannten Stoffe lassen sich jedoch durch kochen inaktivieren.

 

Ein weiteres Risiko bei Rohfütterung ist der hygienische Aspekt:

 

Die Aujetzky Krankheit, durch Verfütterung von rohem Schweinefleisch, wird vom suiden Herpesvirus I verursacht. Für den Menschen nicht gefährlich, bei Infektion von Hund und Katze immer tödlich. Deutschland ist seit 2003 „Aujetzky-Frei“ allerdings werden viele Schweine aus dem Ausland importiert und in Deutschland geschlachtet, so dass die Herkunft des Fleisches nicht immer bekannt ist. Deshalb sollte auf die Verfütterung von rohem Schweinefleisch und Wildschweinefleisch verzichtet werden.

 

Salmonellen

Für Salmonellen empfänglich sind sowohl Tiere als auch Menschen. Nicht immer führt eine Anreicherung von Salmonellen im Darm der Tiere zu einer klinischen Erkrankung. In Studien wurde bewiesen, dass Hunde durchaus Salmonellen im Darm beherbergen können, ohne daran zu erkranken. Sie bleiben aber stets Ausscheider und Überträger. Das wiederum trägt nicht nur zur Verbreitung von unterschiedlichsten Salmonella -Arten in der Umwelt bei, sondern ist eine konkrete Gefahr für den Menschen. Die Keime können sich stets weiterentwickeln, sich den Gegebenheiten in der Umwelt anpassen und neue Überlebensstrategien entwickeln. Es entstehen ggf. neue gefährliche Keime die erstmal unter Kontrolle gebracht werden müssen. Salmonellen werden am häufigsten durch Eier, Geflügelfleisch und Schweinefleisch übertragen. Aber auch falsch gelagerte andere Lebensmittel sind ein bekannter Übertragungsweg.

 

Parasiten

Rohkostfütterung kann ein Faktor zur Parasitenübertragung sein. Sowohl diverse Darmparasiten als auch Einzeller sind in den Rohkomponenten enthalten. Fisch kann Vorstufen von Darmparasiten beherbergen, die nach Verfütterung an den Hund, ihren Entwicklungszyklus vollenden können und so weitere Parasiteneier und/oder –Larven in die Umwelt gelangen, denn ihr Hund ist dann Ausscheider.

Toxoplasmen sind oft am rohen Gemüse sowie Schlachtabfällen von Schweine und Wildtierfleisch zu finden und spielen für Mensch und Tier eine Rolle. Eine regelmäßige Entwurmung ist beim BARFen aus tierärztlicher Sicht unerlässlich.

 

Wie sollte so eine Ration also aussehen???

Immer dem Alter und Entwicklungszustand des Tieres angepasst.

Eine Ration sollte sich in den Einzelkomponenten etwa wie folgt zusammensetzen:

(Vorschlag – ohne Berücksichtigung der Kondition, des Alters oder Konstitution)

 

Fleisch (Muskelfleisch) ca. 55%

Knochen ca. 2%

Öle: ca. 5%

Gemüse: ca. 32%

Innereien: ca. 5%

 

 

FAZIT

Es ist absolut möglich, Hunde mit einer BARF Fütterung artgerecht und ausgewogen zu ernähren. Allerdings muss die Zusammenstellung der Ration dem Nährstoffbedarf angepasst sein. Bei dieser Art der Fütterung ist die Gefahr von Unter- oder Überversorgungen mit Nährstoffen, Vitaminen oder Mineralien deutlich höher als bei Fütterung kommerziell hergestellter Hundefutter. Die Nährstoffgehalte der verschiedenen Komponenten sind nicht immer stabil, so dass nur eine ausgewogene Rezeptur langfristige BARF Erfolge bietet. Rationen, die ohne Kohlenhydratkomponenten aufgestellt werden, sind in der Regel zu stark proteinhaltig, was bei bestimmten Erkrankungen (z.B. Niereninsuffizienz) entsprechend berücksichtigt werden sollte. Der Proteinüberschuss kann durch Zufütterung von Kohlenhydraten reduziert werden. Es ist darauf zu achten, dass der Nährstoffgehalt der entsprechenden Entwicklungsphase des Hundes angepasst ist.

BARF ist also eine Kunst für sich, diejenigen, die sie perfektionieren sind überzeugte Verfechter, wenn sie allerdings nicht die Zeit haben, sich mit dem Thema BARF ausführlich zu beschäftigen, ist die Variante der kommerziellen Hundenahrungsfütterung sicherlich die sichere.